Liquiditätsrisiken
Das Liquiditätsrisiko ist das Risiko, dass fällige Zahlungen nicht oder nur zu erhöhten Kosten geleistet werden können. Es tritt demnach in drei Ausprägungen auf:
- Als Zahlungsunfähigkeitsrisiko, wonach eine Konzernfinanzgesellschaft nicht in der Lage ist, ihren fällig werdenden Zahlungsverpflichtungen nachzukommen;
- Als Refinanzierungsspreadrisiko, wonach die Profitabilität einer Konzernfinanzgesellschaft gefährdet ist, da sie sich nur zu höheren Sätzen refinanzieren kann;
- Als Marktliquiditätsrisiko, wonach Aktiva gar nicht oder nur zu ungünstigen Konditionen im Markt veräussert werden können.
Das Liquiditätsrisiko entsteht durch die Fristentransformation, indem die Konzernfinanzgesellschaften langfristige Kredite durch die Aufnahme kurzfristiger Gelder refinanzieren, oder aber über Fristentransformation im Securities Lending & Borrowing, wobei auf on-open Basis Wertschriften geborgt und auf Term weiterverliehen werden. Das Zahlungsunfähigkeitsrisiko ist dabei die wichtigste der drei Ausprägungen des Liquiditätsrisikos und steht deshalb im Zentrum der aktiven Steuerung. Das jeweilige ALCO bewirtschaftet das Liquiditätsrisiko auf der Ebene der Konzernfinanzgesellschaften. Zu Steuerungszwecken definiert das jeweilige ALCO Schwellenwerte. Das Treasury (Stammhaus) plant zusammen mit der Gesamtbanksteuerung (Konzernfunktion) die Liquiditätsvorsorge sowie die Finanzierungsstruktur für die Planperioden (Mittelfristplanung). Das tägliche Cash-Management übernimmt der Handel des Stammhauses im Auftrag des betreffenden ALCO resp. des Treasury.
Das Kreditgeschäft mit Privat- und Firmenkunden gehört zum Kerngeschäft beider Konzernfinanzgesellschaften, weshalb Prolongationsrisiken aus diesem Bereich einen wesentlichen Risikotreiber für die Banken darstellen. Während aus dem Hypothekargeschäft mit Privatkunden keine besonderen Liquiditätsrisiken erwartet werden, ist dies beim Aktivgeschäft mit Firmenkunden durch Eventualverpflichtungen, insbesondere noch nicht gezogene, kommittierte Kreditlinien, und damit verbundene Optionen (rollende Fazilitäten, Währungswahlrechte) der Fall.
Meldungen und Gerüchte über Zahlungsschwierigkeiten einer Konzernfinanzgesellschaft, z.B. aufgrund von Kreditverlusten im Firmenkundengeschäft, Blockierung wichtiger Korrespondenten oder hohen Bussenzahlungen, können den Zugang zum unbesicherten Interbankenmarkt ganz oder teilweise abschneiden, die Aufnahme unbesicherter Refinanzierung am Kapitalmarkt massiv verteuern oder verunmöglichen und zum Abzug von Kundengeldern führen. Ein weiteres Liquiditätsrisiko stellt die betriebene Fristentransformation, und die damit verbundene Möglichkeit eines Short-Squeeze, im Rahmen des Securities-Financing-Geschäfts dar.
Für das Stammhaus kann ein Verlust der Staatsgarantie bzw. dessen Erwartung zu signifikanten Downgrades und damit einer Erschwerung oder Verteuerung der unbesicherten Refinanzierung am Kapitalmarkt führen. Darüber hinaus kann es zu Reputationsschäden kommen.
Besondere Risiken im untertägigen Liquiditätsrisikomanagement sind Settlement-Risiken bei zeitkritischen Zahlungen; z.B. der Devisenhandel, der via Korrespondenzbanken abgewickelt wird, und unerwarteter Liquiditätsbedarf bei Transaktionen mit untertägigem Abschluss und Settlement. Da sich dieses Geschäft insbesondere bei den jeweiligen Korrespondenzbanken konzentriert, würde hier der Ausfall eines wichtigen Kontrahenten zu untertägigen Liquiditätsproblemen führen. Durch operative Massnahmen werden diese Risiken stark reduziert (z.B. Continuous Linked Settlement).
Für die Konzernfinanzgesellschaften sind die deponierten Kundengelder eine wichtige Refinanzierungsquelle. Es gilt ein erhöhtes Risiko des Abzugs von Geldern von Firmenkunden sowie von anderen Banken (unbesicherte Refinanzierung am Interbankenmarkt).
Die Konzernfinanzgesellschaften führen wöchentlich Liquiditätsstresstests durch, die die Liquiditätssituation der Banken bis zu einem Jahr simulieren, wobei die Ergebnisse überwacht und limitiert werden.
Innerhalb ihrer Liquiditätsrisikotoleranz sieht die Refinanzierungsplanung der Konzernfinanzgesellschaften vor, wesentliche Lücken in der jeweiligen Liquiditätsposition zeitnah zu schliessen. Wesentlich sind Lücken, die in einem gestressten Marktumfeld nicht innerhalb des jeweiligen Zeithorizonts durch ordentliche Geschäftsaktivitäten (z.B. durch Emission von Anleihen, Aufnahme von Darlehenstranchen bei der Pfandbriefzentrale der schweizerischen Kantonalbanken bzw. bei der Pfandbriefbank der schweizerischen Hypothekarinstitute oder Akquisition von Kundengeldern) geschlossen werden können.
Die Ermittlung der regulatorischen Kennzahlen LCR (Liquidity Coverage Ratio) und NSFR (Net Stable Funding Ratio) für den Konzern und die Konzernfinanzgesellschaften erfolgt durch die Abteilung Gesamtbanksteuerung.
Das Treasury und der Handel des Stammhauses steuern im Auftrag des jeweiligen ALCO die Liquidität im Rahmen der gesetzten Risikolimiten durch besicherte und unbesicherte Geldmarktgeschäfte sowie FX-Swaps, grösstenteils auf dem Interbankenmarkt. Darüber hinaus hält das Treasury (Stammhaus) im Auftrag des betreffenden ALCO eine strategische Liquiditätsreserve in qualitativ hochwertigen Aktiva, die zur Abdeckung von unerwarteten Zahlungsflüssen in den definierten Liquiditätsstressszenarien sowie dem Vorhalten von adäquaten Sicherheiten für das Collateral-Management im Normalfall und in den Stressszenarien dient. Zur Einhaltung der untertägigen Zahlungsfähigkeit stehen dem Handel des Stammhauses der Girosaldo bei der SNB, die nicht verpfändeten Wertschriften für Repos sowie der nicht benutzte Teil der Engpassfinanzierungsfazilität (besichert) der jeweiligen Konzernfinanzgesellschaft zur Verfügung.
Die Verrechnung der Liquiditätskosten im Rahmen der Deckungsbeitragsrechnung übernimmt die Abteilung Gesamtbanksteuerung.
Die unabhängige Überwachung der Risikolimiten und Schwellenwerte findet durch die Abteilungen Risikokontrolle statt. Die Abteilung Gesamtbanksteuerung überwacht die Einhaltung der regulatorischen Liquiditätskennzahlen. Die operativen Einheiten werden täglich über die Liquiditätsablaufbilanz und die LCR der jeweiligen Konzernfinanzgesellschaft informiert. Sie erhalten zudem eine wöchentliche Übersicht über die Stresstestergebnisse und das Konzentrationsrisiko auf der Passivseite. Das jeweilige ALCO erhält monatlich den ALM-Report mit den wesentlichen Kennzahlen zum Liquiditätsrisiko.
Das Liquiditätsrisiko wird durch den vom jeweiligen Oberleitungsorgan festgelegten Überlebenshorizont mit der Hilfe von Stresstests begrenzt. Darüber hinaus setzt das ALCO Schwellenwerte und Risikolimiten für kurzfristige Frühwarnindikatoren, die einen Einfluss auf die Finanz- und Liquiditätslage der Konzernfinanzgesellschaft haben können und von der Risikokontrolle überwacht werden.